Karl Lagerfeld – Modemethode

Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn

Bonn hat nicht nur das große Glück, eine besonders schöne Museumsmeile zu haben, sondern für alle Modeinteressierten ist jetzt im Moment eine ganz außergewöhnliche Ausstellung über Karl Lagerfeld zu sehen. Der einzige Wermutstropfen: es darf nicht fotografiert werden. Sehr, sehr schade!

So etwas gibt es selten: 126 Roben, Kleider, Mäntel und Stoffträume von Fendi, Chloé, Karl Lagerfeld und Chanel werden in einer einzigen Ausstellung präsentiert. Nicht zu vergessen, die grandiosen und einzigartigen 177 Knöpfe.

Karl Lagerfeld ist sicherlich einer der renommiertesten Modedesigner, er ist Weltstar und in seinem kreativen Schaffen genial. Ich habe immer das Gefühl, ein Karl Lagerfeld-Tag hat mehr als 24 Stunden, weil er ein riesiges Arbeitspensum parallel schafft – als Designer, Fotograf, Unternehmer und Autor.

Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn
Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn

Karl Lagerfeld ist ein Tausendsassa

Karl Lagerfeld arbeitet zeitgleich für vier unterschiedliche Häuser: Fendi, Chloe, Karl Lagerfeld und Chanel. Normalerweise ist es ja so, dass jeder Designern auf seine eigene Handschrift und sein individuelles, unverkennbares Design stolz ist. Nicht so bei Karl Lagerfeld. Dieser Mensch schafft es, parallel an den verschiedenen Fronten vier total unterschiedliche Stile auszuarbeiten und umzusetzten. Hier eine kurze Zusammenfassung, was die jeweiligen Marken ausmacht:

Fendi

Fendi ist bunt, modern, innovativ. Davon würde ich persönlich jedes Stück tragen. Früher purer Luxus, heute durchaus umstritten: Das Markenmerkmal ist Pelz. Aber an manchen Kleidungsstücken erkennt man den Pelz gar nicht mehr. Es sieht eher aus wie Samt, weil er so kurz geschoren und bunt eingefärbt ist. Die gezeigten Kleider, Mäntel, Taschen und Schuhe sind allesamt ein Traum.

Seit 50 (!) Jahren arbeitet Lagerfeld für die fünf Fendi-Schwestern Anna, Franca, Paola, Carla und Alda. Die Tochter von Anna Fendi, die immerhin schon 54-jährige Silvia Fendi arbeitet auch für das Unternehmen und ist verantwortlich für Accessoires, die Herren- und Kinderkollektion. Sie hat auch die berühmte und zum Klassiker gewordene Baguette-Bag entworfen, die klein und praktisch über der Schulter oder unter dem Arm getragen werden kann. Viele der mittlerweile hunderte Modelle werden in der Ausstellung gezeigt. Das Pelz- und Lederwarengeschäft Fendi ist 1918 gegründet worden und wurde in 1999 von dem LVMH Konzern übernommen.

Chloé

Chloé ist wiederum ganz anders. Romantisch, mädchenhaft, verspielt. Schon allein das Arrangement in der Ausstellung ist sehr mädchenhaft. Riesengroße pastellfarbene Fächer in hellgelb, rosé, und ganz zartem grau sind um ein riesiges, geschwungenes Sofa aus cremeweißem Satin installiert. Die Fächer waren früher einmal eines der Markenzeichen von Karl Lagerfeld, da er sich immer mit Fächern fotografieren liess. Viele der Kleider sind handbemalt, alles handbestickt und aus Seide, die Grundfarbe der Kleider ist meistens ein zartes beige, teilweise mit Spitze verbrämt. Trotz der romantischen Anmutung sind viele Kleider mit Witz, teilweise Alltagsgegenständen nachempfunden designed. Wie z.B. aufgestickten Glühbirnen oder Wasserhähnen. Das älteste Stück ist von 1966 – meinem Geburtsjahrgang, so dass ich nicht lange rechnen muss, wie alt es ist.

Karl Lagerfeld

Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn, Claudia Reuschenbach
Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn, Claudia Reuschenbach

Bei der nach ihm selbst benannte Marke herrschen schwarz, weiß und rot als Farben vor. Alles ist tendenziell sehr androgyn und erinnert an Uniformen. Es sind pelzbesetzte Helme zu sehen, die gesamte Kollektion ist sehr figurbetont. Viele Elemente, die Karl Lagerfeld in seinem eigenen Auftreten immer wieder zeigt, wie Krawatten (auch oder gerade bei Frauen), Sonnenbrillen und eine starke Anlehnung an die Geometrie machen dieses Label aus.

Chanel

Chanel hat Karl Lagerfeld neuen Lebens- und Zeitgeist eingehaucht. Die Marke, die Gabriella „Coco“ Chanel einst zu Ruhm und Ehre brachte, indem sie bequeme und dennoch schicke Kleidung für die Frauen entwarf und Frauen so aus ihrem Korsett holte, war auf dem absteigenden Ast, als Karl Lagerfeld kam. Und er hat etwas ganz grandioses geschafft: die Mode von Coco Chanel wurde mit ganz viel Respekt und Hochachtung an die moderne Zeit angepasst. Das biedere Chanel-Jäckchen wurde mit modernen Accessoires und pfiffigen Borden revolutioniert. Ein klassisches Chanel-Jäckchen sieht jetzt edel und modern aus, dabei aber dennoch klassisch elegant. Es ist sowohl zur Jeans als auch zum Kostüm kombinierbar. Die für Coco Chanel charakteristische Kamelien-Blüte wird durch Lagerfeld auch immer wieder aufgegriffen und modern interpretiert.

Hier bei Chanel sind die mit 60 Exponaten die meisten Beispiele zu sehen. Aufgeteilt in einen Pret-à-porter- und Haute-Couture-Teil. Die Chanel-Show endet wie jedes Laufsteg-Défilé mit einem Brautkleid. Aber auch das ist wieder sehr außergewöhnlich. Von hinten geht man an das Kleid heran. Man denkt, es könnte auch die Rückseite eines Priestergewandes sein. Wenn man es dann von der Seite betrachtet, sieht man, dass es ein Hochzeitskleid für eine Hochschwangere ist und wenn man noch näher hinguckt, erkennt man das außergewöhnliche Material – gerade für ein Brautkleid. Es ist aus Neopren. Da wüsste ich ja gerne, ob das wirklich jemals jemand getragen hat und wenn ja, wer von den Schönen und Reichen.

Die Kulisse: U-Bahn-Schacht trifft Paper Palace

Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn
Modemethode, Karl Lagerfeld, Bundeskunsthalle Bonn, Kunst-und Ausstellungshalle Bonn

Der erste Teil der Ausstellung mutet an wie ein U-Bahn-Schacht. Man meint neben Beton-Wänden zu stehen. Bei genauerer Betrachtung werden Sie aber sehen, dass alles eine riesige Fototapete ist: auf dem Boden und an den Wänden. Wirklich atemberaubend ist allerdings die Ausstaffierung des zweiten Raumes, in dem die Haute-Couture von Chanel gezeigt wird. Ein Palast aus Papier. Der 4,30 Meter hohe und 300 Quadratmeter große Raum hat einen Himmel und Säulen aus herabfallende Papierblüten. Das Ganze wird von oben beleuchtet, so dass ein unvergleichlicher Schattentanz entsteht. Das müssen Sie sich ansehen!

Figurinen

Figurinen sind die Mannequins, die die tollen Exponate der Ausstellung tragen. Aber denken Sie jetzt nicht an einfache Büsten, Schneider- oder Schaufensterpuppen. Diese hier sind eigens für diese Ausstellung gemacht. Das Schöne daran ist: für jedes der vier Marken wurde eine eigene und dabei ästhetisch perfekte Lösung gefunden. Bei Fendi sind es Plexiglas-Figurinen, die so ausgeschnitten sind, dass nichts von der Figurine selbst zu sehen ist. Damit meine ich, dass ein Spaghettiträger auch wirklich nur auf einem ganz dünnen Plexiglasstreifen aufliegt. Die Kleider erscheinen dadurch wie schwebend und es macht möglich, auch von hinten in die Modelle hineinzugucken. Bei Chloé sind die Figurinen mit elfenbeinfarbenen Harz überzogen und werden in realistischen menschlichen Posen dargestellt. Die Karl Lagerfeld- und Chanel-Looks sind auf maßgeformten Papierbüsten zu bestaunen.

Noch ein besonderer Tipp: Vogue Special

Modemethode, Karl Lagerfeld, Vogue Cover
Modemethode, Karl Lagerfeld, Vogue Cover

Die Zeitschrift Vogue hat ein Special herausgebracht, das es derzeit am Kiosk oder in der Museums-Buchhandlung gibt, enthält auch noch viel Interessantes über die Ausstellung, aber auch über die Arbeit von Karl Lagerfeld sowie seinem hochkarätigen Team. Mein Urteil: absolut lesenswert!

Ich war jetzt bereits drei Mal in der Ausstellung. Es werden immer maximal 200 Personen gleichzeitig reingelassen. Aber sagen Sie Bescheid, wenn Sie gehen – ich komme gerne noch mal mit! Gehen Sie zur Modemethode?

Oder waren Sie schon da? Wie hat es Ihnen gefallen? Ich bin gespannt auf Ihre Kommentare.


mc4wp_form id=“3820″]


Was interessiert Sie in Zukunft? Ich freue mich auf Ihre Ideen und Anregungen. Vielen Dank!

Weitere Infos und Termine indem Sie unter Bundeskunsthalle.

Sehr interessant ist auch das Konzept der Kunstpause als schöne Idee für eine Mittagsführung durch die Ausstellung.

Quelle für Fotos: Plakat zur Ausstellung, Einladung zur Ausstellungseröffnung der Bundeskunsthalle, vor dem TV-Monitor in der Bundeskunsthalle, Vogue-Cover des Vogue-Special


Eine Antwort zu “Karl Lagerfeld – Modemethode”

  1. Karl Lagerfeld und seine Kreativität über diese Ausstellung „kennenzulernen“ ist wirklich gelungen – weit entfernt von einer simplen Zurschaustellung der Kleider und der bloßen Huldigung ihres Schöpfers. Sehr schön.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert